Die Eröffnung der Köln-Mindener Eisenbahn

im Jahr 1847 hatte für die industrielle Entwicklung der Region Ostwestfalen zentrale Bedeutung. Kaum weniger relevant für die Erschließung des ländlichen Raums entlang des Teutoburger Waldes, des Weserberglandes und des Eggegebirges waren aber auch die zahlreichen Neben- und Privatbahnen, die im Laufe des 19. Jahrhunderts gebaut wurden. Die enge Verflechtung von Industrialisierung im ländlichen Raum und Eisenbahngeschichte zeigt sich am Beispiel Steinhagens. Denn ohne einen Bahnanschluss wäre der weltweite Versand der schweren Steinhäger-Krüge kaum denkbar gewesen. Erst die 1886 eröffnete Nebenstrecke von Brackwede über Bad Rothenfelde nach Osnabrück – der „Haller Willem“ – ermöglichte den Boom des Spirituosenexports. Heute zeugt ein denkmalgeschützter Güterschuppen am Bahnhof in Halle von dieser Zeit. Die repräsentativen Bahnhöfe, die nicht nur in größeren Städten wie Minden und Bielefeld, sondern auch in Rheda und Rietberg errichtet wurden, prägen noch heute genauso die Bahnlandschaft wie Lokschuppen, Stellwerke, Güterschuppen und inzwischen stillgelegte Bahngleise. Der Bielefelder Ringlokschuppen wird heute als repräsentativer Veranstaltungsort genutzt.


Ab 1850

setzte sich besonders für die großen, repräsentativen Bahnhöfe in Westfalen der sogenannte „romantische“ Baustil durch, der nach dem Vorbild mittelalterlicher Burgen Türmchen und Zinnen als Zierelemente verwendete. Zu den wenigen, in diesem Stil erhaltenen Bahnhöfen zählt der Bahnhof Minden. Im Umkreis solcher Bahnhöfe wie Bielefeld, Herford oder Minden entstanden charakteristische Industrieviertel, wo sich Firmen mit hohem Rohstoffbedarf möglichst mit eigenen Gleisanschlüssen ansiedelten. Hier trafen die vielfältigen Funktionen des Bahnhofsgebäudes auf infrastrukturelle Industrieanlagen, wie dies bei dem Gaswerk und dem Miele-Wasserturm in Gütersloh der Fall ist.
Der wachsende Bahnverkehr strukturierte nicht nur die Stadträume neu, sondern beeinflusste auch den ländlichen Raum. Beeindruckende Beispiele für die Landschaftsgestaltung durch die Eisenbahnlinien sind zwei Viadukte über das Dunetal und das Beketal, die 1851 bzw. 1853 an der Strecke Paderborn-Altenbeken errichtet wurden. Diese Verbindung zwischen dem Ruhrgebiet und Kassel erschloss nicht nur die

ländliche Region, sondern schuf auch die Voraussetzung für neue industrielle Arbeitsplätze am Eisenbahnknotenpunkt in Altenbeken und im Bahnausbesserungswerk in Paderborn. Wichtig für den Überlandtransport waren neben der Eisenbahn im 19. Jahrhundert vor allem die Wasserwege. Der Transport auf der Weser, der bereits in der Frühen Neuzeit die Region mit dem Handelszentrum Bremen verband, nahm im 19. Jahrhundert stetig zu. Während in der ersten Hälfte des Jahrhunderts noch Pferde die sogenannten „Weserböcke“ zogen, die bis zu 100 Tonnen Last fassen konnten, setzten sich in der zweiten Hälfte dampfmaschinengetriebene Schlepper durch. Ab etwa 1920 fuhren immer mehr Schiffe mit Dieselmotoren. Als zentrales Bauwerk des Wasserverkehrs vermittelt die Schachtschleuse in Minden einen Einblick in die aufwendige Ingenieurskunst, die die Verbindung mehrerer Wasserstraßen erforderte. Der zwischen 1906 und 1938 erbaute Mittellandkanal, der in Minden die Weser kreuzt, ist ein zentraler Wasserverkehrsweg, der die Region durchzieht.